19. Juni

Rosslyn Chapel, Melrose Abbey, Scott's View




Heute ist unser letzter Urlaubstag in Schottland! Wie schnell die Zeit vergeht. Als Tagesziel haben wir uns Melrose ausgesucht, mit Übernachtung auf dem Campingplatz in der Stadt, die Route nach Melrose soll uns über Roslin führen, dort wollen wir die Rosslyn Chapel besichtigen, die jedem bekannt sein dürfte, zumindest wenn er den Roman "Sakrileg" von Dan Brown gelesen oder dessen Verfilmung gesehen hat.

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Wir umfahren Edinburgh und finden im Südosten der Stadt problemlos das kleine Dorf Roslin.

Von verschiedenen Darstellungen weiß ich, dass die Kapelle zur Zeit renoviert wird und unter einem Gerüst steht, trotzdem bin ich sehr enttäuscht, denn auch innerhalb der Kirche gibt es ein Gerüst, welches die wunderschöne Decke der Kirche den Blicken gänzlich entzieht.

Und photographieren ist auch verboten - selbst ohne Blitzlicht - schade.

Besonders spannend finde ich die Tatsache, dssß sich in der Kapelle in Stein gehauene Pflanzendarstellungen, die gelegentlich als Abbildungen von Aloe- und Mais-Pflanzen gedeutet werden, befinden. Falls diese Abbildungen aus der Zeit der Erbauung der Kathedrale stammen, wäre dies ein Hinweis auf die Kenntnis der Pflanzenwelt Mittel- oder Südamerikas vor der Wiederentdeckung dieser Länder im Jahr 1492 durch Christoph Kolumbus. Ein Hammer, oder?

Wir erklettern das Gerüst (das ist erlaubt, es gibt sogar Treppen) und ich versuche ein stimmungsvolles Bild von diesem Bauwerk, welches ich seit "Sakrileg" schon immer zu sehen wünschte, zu machen, aber das funktioniert einfach nicht, dem Gerüst fehlt jeder mythische Flair.

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Aber immerhin darf ich einmal "auf dem Dach einer Kirche stehen", das hat man auch nicht alle Tage.

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Etwas enttäuscht schleichen wir zurück zum Womo. Über einen Umweg finden wir die A7, welche uns rasch nach Süden bringen soll, aber auch da ist heute der Wurm drin. Wir fahren hinter unüberholbaren Trucks hinterher, die Sicht nach vorn durch diese Monster stark eingeschränkt, so bin ich glücklich, dass sich unsere Mägen melden und nach Futter verlangen.

In Stow erblicken wir ein Hinweisschild zur Cloudhouse Cafe Gallery und folgen diesem nach links. Wir stillen den Hunger mit einer Kartoffelsuppe (super) und einem Sandwich (geht so) und kommen mit dem Wirt in's Gespräch. Es stellt sich heraus, dass er die Gegend kennt, in der wir zu Hause sind (Landkreis Böblingen) und so verrinnt die Zeit.

Nach der willkommenen Pause tingeln wir weiter, flussabwärts, dem Fluss "Gala Water" entlang, bis dieser sich in Melrose mit dem River Tweed vereinigt.

In Melrose angekommen suchen wir erst einmal den Campingplatz, was nicht leicht ist, da ein Fest, oder Markt, oder etwas dieser Art abgehalten wird, die Straßen sind verstopft und Parkmöglichkeiten so gut wie nicht vorhanden.

Pech im Glück, wir finden den Campingplatz, aber schon an der Zufahrtsstraße stehen Schilder die uns erklären, dass der Platz voll belegt ist. Also, Womo wenden und zurück Richtung Melrose Abbey, dem eigentlichen Grund unseres Aufenthaltes in dieser Stadt. Jetzt haben wir dafür um so mehr Glück, wir finden 100m entfernt von der Abbey eine Parkmöglichkeit am Straßenrand, zur Not könnte man hier auch über Nacht stehen.

Mit den Eintrittskarten versehen nähern wir uns den imposanten Ruinen dieser riesigen Anlage. Ich verspüre Lust, hier alle Winkel auszuspähen, auf der Suche nach ungewöhnlichen Perspektiven, aber der aufkommende Regen macht einen dicken Strich durch unsere Rechnung und scheucht uns unter überdachte Stellen.

Die Reste der Abbey zeugen immer noch stolz und erhaben von der ehemaligen Pracht.

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Selbst gegen den düsteren Himmel betrachtet erscheinen die Mauern beinahe als Silhouette, gut zu sehen sind die filigranen Stützbögen.

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Wir finden eine intakte Wendeltreppe und es ist klar, da müssen wir rauf. Vom Ende der Treppe hat man eine gute Sicht über den Komplex, ebenso sind einige Wasserspeier beinahe in Reichweite. Leider bläst der Wind heftig Regen gegen die Frontlinse des Objektives (siehe die grauen Flecken im Bild),

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deshalb verschwinde ich schnell wieder im Treppengang und hangle mich am senkrecht nach unten führenden Seil, welches den Händen Halt bietet, abwärts, meiner lieben Ameise hinterher.

Wir stromern noch ein wenig umher, und als der Regen nachlässt, machen wir uns auf die Suche nach Grabsteinen.

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Alexander II. von Schottland und andere schottische Könige und Adelige sind hier beerdigt.

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Das einbalsamierte Herz von Robert the Bruce soll angeblich auch auf dem Klostergelände begraben worden sein, nachdem man es von einem Kreuzzug zurückgebracht hatte.

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Auch uns gelingt es nicht, in die Geschichte einzugehen, denn wir brechen die Suche nach dem Herzen erfolglos ab, schauen uns auf dem Rückweg noch die Grundmauern weiterer Gebäude der Abtei an, und gelangen etwas übersättigt am Womo an; es wird langsam zuviel, all die vielfältigen und tiefen Eindrücke der letzten Tage zu verarbeiten.

Wieder im Womo beraten wir bei einer Tasse Kaffee, wie wir den Rest des Tages gestalten wollen. Eines ist sicher, weit wollen wir nicht mehr fahren. Also entschließen wir uns, ein Stück weiter nach Osten zu fahren, über die A68 hinaus, der wir morgen nach Süden folgen wollen.



Wir überqueren den River Tweed und stoßen auf die B6356, der wir ca 1km nach Süden folgen. Es geht bergauf und bald erreichen wir eine Aussichtsstelle, welche einen herrlichen Blick nach Westen bietet. Diese Stelle ist mit einem kleinen Parkplatz versehen, ohne Verbotstafeln irgendwelcher Art; hier bleiben wir - beschließen wir einstimmig.

Die Stelle, an der wir stehen, hat den namen "Scott's View", eine Bank lädt dazu ein, still zu sitzen und einfach die Landschaft zu genießen. Dem Blick durch die Bäume entzogen, bildet der River Tweed hier eine große, tief eingeschnittene Schleife.

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Wir vertreten uns noch ein wenig die Beine und schlendern die steil abfallende Wiese hinab, bestaunen die schönen Blüten des roten Fingerhutes (Digitalis purpurea). Diese Pflanze ist in allen Bestandteilen hochgiftig. Bereits der Verzehr von zwei Blättern kann zu einer tödlichen Vergiftung führen. Leider sind diese prachtvollen Blumen schon etwas verblüht und der heftige Wind macht es unmöglich, eine scharfe Aufnahme zu erhaschen.

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Unser Spaziergang findet an einen Zaun ein jähes Ende. Unten schimmert das Wasser des River Tweed herauf, nach dem Zaun geht es beinahe senkrecht nach unten, der Wind bewegt die Zweige des Baumes so heftig, dass deren Bewegung im Bild zu erkennen ist. Dieser steile Abgrund ist eine tückische Stelle, zumindest ohne Zaun!

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Deshalb frage ich mich, wie lange dieser Zaun wohl existiert, den mein Blick fällt auf die Blechdose, die dem Zaunpfosten übergestülpt wurde, am Fuße des Pfostens finden sich einige Plastikblumen und die Reste einer Schleife.

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Traurig, und auch die leise Mahnung, jeden einzelnen Tag des Lebens zu geniessen.



Oben angekommen setze ich mich wieder auf die Bank und schaue zu, wie im Westen die Sonne immer tiefer sinkt und stimmungsvoll Bündel ihres Lichts durch die Wolkenlöcher ergießt.

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Ich muß in's Womo, denke ich, wir müssen nach Hause, unsere Eindrücke aus diesem beeindruckenden Land verarbeiten, und wir müssen wiederkehren - tun wir - versprochen!

"Hallo Waldameise, ich bin auch wieder da ..."





Und somit verlassen wir Schottland.

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